Der Wartburg 311

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Lenkrad Wartburg 311
Foto: Thomas Sälzle, formfreu.de

Mit dem aus Zwickau 'zwangsweise' übernommenen IFA-F9 war man in Eisenach nie "glücklich". Die einst so wegweisende DKW-Konstruktion war deutlich in die Jahre gekommen. Das mangelnde Raumangebot, die schlechte Rundumsicht und ein zu kleiner Kofferraum konnten auch durch Retuschen nicht beseitigt werden.

Die Entwicklung des Wartburg 311

Das Wartburg-Haubenemblem, wie es an den späten 311ern zu finden ist

Unter dem damaligen Werkleiter Zimmermann entstand deshalb auf der Basis des Typ 309 (IFA F9) ein neuer Wagen. Die Nachteile des F9 sollten gründlich ausgemerzt werden. Zu einem richtigen Auto gehörte Platz für Passagiere, bequeme Einstiegstüren, ein Kofferraum, der diesen Namen verdiente, sowie eine bessere Sicht als beim veralteten Vorkriegs-DKW.

  • Der Wartburg 311 sollte eine gegenüber dem IFA-F9 deutlich vergrößerte und (nach verworfenen Experimenten mit Zweitürern) viertürige Karosserie erhalten.
  • Die Rundumsicht war durch großzügige Fenster deutlich verbessert.
  • Der Kofferraum bot das Fassungsvermögen einer Reise-Limousine.
  • Der Rahmen war um 10 cm verlängert.
  • Das Fahrwerk hatte Teleskop-Stoßdämpfer und eine verstärkte Hinterachse erhalten.
  • Die Motorleistung war um 5 PS gesteigert.

Zur Entstehungsgeschichte des Wartburg 311 gibt es unterschiedliche Darstellungen:

Die Variante "Schwarz-Entwicklung"

Der erste Wartburg war demnach eine nicht-legale Schwarz-Entwicklung, ohne den Segen der Partei- und Staatsführung.
Sollte nun alles für das Altpapier sein?
Spontan und unangemeldet machte sich Werksleiter Martin Zimmermann mit dem gerade fertig gestellten Musterfahrzeug auf den Weg nach Berlin. Ziel war das Ministerium für Maschinenbau. Der zuständige Minister war jedoch nicht anwesend...
Zimmermann entschloss sich dazu, direkt das ZK der SED mit der Eisenacher Entwicklung zu konfrontieren. Staunend standen die Genossen vor dem auf Hochglanz polierten, viertürigen Fahrzeugtyp EMW 311, dem ersten Wartburg.
Der überraschenden Offerte der Arbeiterklasse konnte sich die Partei, trotz des Vergehens gegen die Planvorgaben, nicht verschließen. Der Bau des neuen Fahrzeugs wurde genehmigt. Zimmermann erhielt jedoch eine Disziplinarstrafe. Diese Geldbuße wurde in Raten vollständig bezahlt. Nach Eingang der letzten Zahlung erhielt Herr Zimmermann eine Prämie in gleicher Höhe.

Diese Geschichte lässt sich mindest mit sehr viel Spannung erzählen...

Alles ganz offiziell

Andere Quellen betonen, dass der Wartburg 311 (EMW 311) keineswegs eine „Schwarz-Entwicklung“ gewesen ist. Die Neuentwicklung eines geräumigen Personenkraftwagen, welcher den F9 ablösen könnte, sehr wohl mit der Obrigkeit abgestimmt war und auf ausdrückliche Befürwortung gestoßen ist. Diese Variante wird mit dem Hinweis bekräftigt, dass man nach der Erfahrung mit dem BMW-Streit keine neuen Auseinanendersetzungen (diesmal mit DKW) heraufbeschwören wollte. Hintergrund: Man hatte mit der Enteignung und Verstaatlichung der Auto-Union in der sowjetisch besetzten Zone zugleich auch eine Löschung der Firma aus dem Handelsregister bewirkt und damit sämtliche Ansprüche und Markenrechte aufgegeben.
Mit einem eigenständigen Produkt als F9-Nachfolger war die Gefahr eines neuen Rechtstreit gebannt.

Dennoch stimmt es, dass Herr Zimmermann eine Disziplinarstrafe erhielt. Diese Strafe wurde aber keineswegs für die eigentliche Entwicklung des Wartburg 311 verhängt, sondern viel mehr für den unerlaubten Einsatz von Ressourcen, welche nach Plan-Vorgabe für andere Projekte vorgesehen waren.

Welche Geschichte auch immer zutreffen sollte, die Hochachtung gegenüber den Pionier-Leistungen in schwieriger Zeit sollte davon unberührt bleiben!

Genauere Informationen und vor allem Quellenangaben sollen hier noch zusammengetragen werden. 

Zur Leipziger Frühjahrsmesse 1955 war es soweit: Die Präsentation des Wartburg 311 vor dem versammelten Messe-Publikum wurde ein Erfolg.

Am 2. Januar 1956 (ab Fahrgestell-Nr. 0009/6) war Produktionsbeginn des Wartburg 311 mit einem Hubraum von 900 cm³ und einer Leistung von 28 kW (37 PS) bei 4000/min. Das Werk gab eine Höchstgeschwindigkeit von 115 km/h und einen durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch von 9,8 l/100 km an.

Der Wartburg 311 war zu seiner Zeit ein modernes, fortschrittliches Auto, das auch im internationalen Vergleich bestehen konnte.
Der Wartburg 311 wurde in verschiedenen Varianten hergestellt und in über 50 (auch westliche) Länder exportiert.

Internationale Auszeichnungen

Das Modell-Programm der 311er-Baureihe des Wartburg fand nicht nur in der DDR sondern auch in einer Reihe von Exportländern allgemeine Anerkennung. [1]

Eine der formschönsten Karosserien war das Sport-Coupé 313/1, das 1957 auf der Leipziger Frühjahrsmesse eine Urkunde für gute Formgestaltung erhalten hat.

Auf dem "Concours d’Elegance" in Wien 1958 wurde das Wartburg-Coupé mit der Silbermedaille ausgezeichnet.

Ebenfalls 1958 bekam das Sport-Coupé auf der "Importet Car Show" in New York den Preis für den "schönsten europäischen PKW".

Bei einer Ausstellung des gesamten Wartburg-Programms Anfang der sechziger Jahre auf einem Wettbewerb für gute Karosseriegestaltung in Scheveningen vergab der königliche-niederländische Automobilclub für die Eisenacher Modelle den 1., 2. und viermal den 3. Preis.

Modellpalette Wartburg 311 und 313

Wartburg 311 de luxe
Wartburg 313 (Sport)

Der Wartburg 311 konnte wegen seiner Rahmenbauweise in verschiedenen Karosserieausführungen hergestellt werden. Folgende Ausführungen hat es gegeben:

Über den gesamten Zeitraum seiner Produktion hat der Wartburg diverse Detail-Verbesserungen und technische Veränderungen erfahren.

Produktions-Standorte Wartburg 311

VEB Karosseriewerk Dresden
VEB Karosseriewerk Meerane
VEB Karosseriewerk Halle


Neben der Fertigung in Eisenach, wo vorwiegend die Limousine produziert wurde, waren folgende IFA-Betriebe an der Wartburg-Herstellung beteiligt:

VEB Karosseriewerk Dresden (KWD) (vormals Gläser)

  • Wartburg Camping
  • Wartburg Cabriolet (1956 - 1960)
  • Wartburg Sport
  • Wartburg Coupe (1960 - 1965)
  • Wartburg 311-300 HT (1965)
  • Wartburg 312-300 HT (1966 - 1967)


VEB Karosseriewerk Meerane (KWM) (vormals Gustav Hornig & Co. Wagenfabrik)

  • Wartburg 311 Coupé (1957 - 1959)


VEB Karosseriewerk Halle (KWH)

  • Kombi Rundheck (1955 - 1964)
  • Bellevue Prototyp (1957)
  • Pickup Rundheck (1957 - 1959)
  • Kombi Eckheck 311 (1964 - 1966)
  • Schnelltransporter 311 (1961 - 1965)
  • Kombi Eckheck 312 (1964 - 1967)
  • Schnelltransporter 312 (1965 - 1966)

Technische Daten

Technische Daten: Wartburg 311, Wartburg 1000, Wartburg 313 (Sport)
Wartburg 311 1956 1961 ab 1962 ("Wartburg 1000")
Motor: Dreizylinder-Zweitakt-Vergasermotor mit Umkehrspülung
Hubraum: 900 cm³ 992 cm³
Bohrung: 70 mm 73,5 mm
Hub: 78 mm
Verdichtung: 1:6,6 bis 6,8 1:7,3 bis 7,5 1:7,3 bis 7,5
Leistung: 37 PS bei 4000 U/min 40 PS bei 4000 U/min
Sport-313 50 PS
45 PS bei 4250 U/min
max. Drehmoment: 8,3 mkp bei 2200 U/min 8,5 mkp bei 2200 U/min 9,5 mkp bei 2200 U/min
Steuerzeiten:
- Einlaß öffnet
- Spülung öffnet
- Auslaß öffnet
 
57° vor OT
54°50' vor UT
75°10' vor UT
Kraftstoff-Oktanzahl: 2-Takt-Gemisch VK 72 2-Takt-Gemisch VK 79
zu verwendendes Öl: Hyzet-Öl
Schmierung: Frischöl-Mischungs-Schmierung
Mischungsverhältnis: 1:25 1:33 1/3
für 313 stets 1:25
1:33 1/3
Form des Verbrennungsraumes zylindrisch mit auspuffseitiger Wirbelkante nierenförmig mit Doppelwirbelkante zylindrisch mit konzentrischer Wirbelkante
Höchstgeschwindigkeit: 115 km/h
Kombi: 100 km/h
Sport: 140 km/h
125 km/h
Durchschnittlicher Verbrauch: 9,8 l/100 km 9,7 l/100 km 9,5 l/100 km
Vergaser: VEB Berliner Vergaserfabrik, Berlin
(Wartburg-Sport 2 × H362-1)
Typ: BVF H 362-5 BVF H 362-18 BVF H 362-20
Getriebe: Bis Jan. '58 unsynchronisiert Blockgetriebe Viergangzahnradgetriebe,
teilsynchronisiert (2., 3. und 4. Gang)
Freilauf: In allen Vorwärtsgängen manuell sperrbar, automatische Sperre im Rückwärtsgang
Kupplung: Einscheibentrockenkupplung mit 6 Druckfedern, vollständig gekapselt
Vorderachse: Einzelradaufhängung, nicht sturzverändernd, oben an Quer-Blattfeder, unten an Querlenkern achslos aufgehängt
Hinterachse: Starrachse mit Längslenkern und hochliegender Quer-Blattfeder
Antrieb: Scharnier-Gelenkwellen mit Frontantriebgelenken Ab 30. April 1964 Doppelgelenkwellen mit Frontantriebgelenken
Fahrwerkschmierung: Zentralschmierung mit Pumpe des VEB Landmaschinenbau Falkensee Schmierstellen für Fettpresse
Felgen: 4J x 15" (Kombi: 4½K x 15")
Reifen: 5,90 - 15 (Kombi: 6,4 - 15)
Bodenfreiheit (beladen): 190 mm
Bremsen: vorn + hinten Simplex, Breite Bremsbelag 35mm hydraulische Innenbackenbremse; vorn Duplex-, hinten Simplex-Gleitbackenbremsen, Breite Bremsbelag 50mm
Akkumulator: 6 V
Zündanlage: je Zylinder 1 Unterbrecher und 1 Zündspule
Elektroanlage (Typ 311, 313 Bj. 57): Gleichstromlichtmaschine 6 V 180 W ab 2.200/min
Scheinwerfer: 200 mm Lichtaustritt 170 mm Lichtaustritt
Abmessungen (L/B/H): 4.300/1.520/1.450 mm (Limousine, Cabrio)

4.210/1.570/1.450 mm (Coupé, Camping)
4.280/1.570/1.475 mm (Kombi)
4.360/1.570/1.350 mm (Sport)

Gewichte:
Gesamtmasse Leer/Nutzmasse/Gesamtlast:
Limousine: 920 kg/380 kg/1.300 kg

Kabriolett, Coupé: 985 kg/340 kg/1.325 kg
Camping: 1.020 kg/380 kg/1.400 kg
Kombi: 1.050 kg/400 kg/1.450 kg
Sport: 930 kg/340 kg/1.270 kg


Philatelie

Wartburg-Coupé auf einer Briefmarke DDR zur Leipziger Herbstmesse

Sondermarke zur Leipziger Herbstmesse 1960. Dargestellt ist eine Campingszene mit einer idealisierten Wartburg Limousine, die einen fast schon coupeartigen Dachaufbau trägt, jedoch über kein vorderes Dreiecksfenster verfügt.

Einzelnachweise

  1. Horst Ihling: Motor-Jahr 78, Transpress Verlag

Literatur

Links

Wartburg Vollsichtcabrio