Batterie Historisch
Inhaltsverzeichnis
6 V-Bordspannungsanlage
Die Wartburg-Typen 311, 312 und 313 waren mit einem 6 V-Bordnetz ausgerüstet. Als Starterbatterie kam die Type 6 V 84 Ah (504 Wh, 2 kW) in diesem zehnjährigen Produktionszeitraum (1956/66) zum Einsatz. Geliefert wurden die Batterien hauptsächlich im Hartgummi-Gehäuse, seltener auch in Preßglas-Ausführung. Elektrochemisch kann man sie als Standardausführung bezeichnen, gemessen an ihrer Weiterentwicklung in den darauf folgenden Jahrzehnten. Die Gasungseintrittsspannung lag bei 7-7,2 V und die Lichtmaschinenregler-Einstellung knapp darunter bei 6,8-6,9 V. Das bedeutete für den Fahrzeugbetrieb eine regelmäßige Kontrolle des Säurestandes (14 Tage im Sommer, 4 Wochen im Winter) und ein entsprechendes Nachfüllen mit destilliertem Wasser.
In den 1950-er Jahren wurden Starterbatterien auch noch im enteigneten VARTA-Werk in Berlin-Schöneweide gebaut, das sich „VEB Akkumulatorenfabrik Oberschöneweide“ (AFO) nannte und hier die VARTA-Anlagen dafür zur Verfügung standen. Mit dem Zusammenschluß der AFO mit der „Berliner Elementefabrik“ (BELFA) 1958 entstand die „VEB Berliner Akkumulatoren- und Elementefabrik“ (BAE) und die Plankommission der DDR leitete eine Produktionsumstellung auf Antriebsbatterien ein. In Zwickau (GLZ, seit 1984 GAZ) und in Leipzig (ABL) wurde die Wartburgbatterie noch bis zum Ende der DDR gefertigt.
Da die 6 V 84 Ah Batterie vorrangig auch im Trabant (Serienmäßig mit 6 V 56 Ah ausgestattet) als Ersatzteil eingebaut wurde, entstand ein hoher Bedarf an dieser Type. Dieser setzte sich auch in den 1990-er Jahren fort, dementsprechend war diese Batterie zu normalen Preisen erhältlich.
Etwa 20 Jahre nach dem Ende der DDR avancierte die 6 V 84 Ah, auf Grund sinkender Zulassungszahlen insbesondere beim Trabant und damit sinkender Produktionszahlen, zur sogenannten Oldtimerbatterie mit erheblichen Preisaufschlägen. Im Jahr 2020 wurde die altbekannte 6 V 84 Ah-Batterie zum 2- bis 4-fachen Preis ihrer leistungsgleichen 12 V Schwester (44 Ah) gehandelt – 99.00 bis 210.00 Euro. Allein der Name VARTA (eine Firma, die seit knapp 20 Jahren nicht mehr existiert) ruft horrende Preise auf.
Auch der technische Fortschritt ist an der 6 V 84 Ah-Batterie nicht ganz vorbeigegangen. Zwar bekommt man zumeist noch die problematische Hartgummiausführung, aber innen steckt die moderne Blei-Calcium-Batterie, allerdings oftmals in der Standardausführung. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich im Automobilbau die Hochstrombatterie durchgesetzt, die die früher übliche Standardbatterie ablöst, wie z. B. 55 Ah...60 Ah, 66 Ah...74 Ah oder 88 Ah...100 Ah mit entsprechend höheren Strömen. Ein möglicher Ausbau der Garnitur 6 V 84 Ah auf über 100 Ah bei 800 A (EN) ist zwar technisch kein Problem, macht aber leider kein Hersteller. Insbesondere für Wartburg, Framo, VW u. a. wäre solch eine Hochstrombatterie ein positiver Weg. Und es ist nichts besonderes, da die Plattensätze in 6 V- und 12 V-Batterien gleich sind.
Das Hauptproblem mit Starterbatterien im Hartgummigehäuse: 1. Nach wenigen Betriebsjahren reißt die Vergußmasse und Säure tritt aus - Korrosion an metallischen Teilen. 2. Durch undichte Poldurchführungen kommt es zu starker Oxydation. Bei diesem typisch verkrustetem Anschlußpol hat der elektrische Strom absolut keine Chance mehr. Und hier handelt es sich um eine Batterie aus aktueller Fertigung
12 V-Bordspannungsanlage
6 V-Anlagen in PKW´s und 12 V-Anlagen in LKW´s waren der Standard in den ersten Jahrzehnten des Automobilbaus. Steigender Fahrkomfort mit steigenden elektrischen Leistungen bescherten einem 6 V-Netz jedoch immer größere Probleme, sodaß man auf 12 V ausweichen mußte. Folgerichtig kam der neu entwickelte Wartburg 353 im Jahr 1966 auch mit einer 12 V-Anlage auf dem Markt.
Leider gab es in der DDR keine der 6 V 84 Ah entsprechende 12 V-Batterie. Die kleinste PKW-Type war die 12 V 56 Ah und die war 85 mm länger als die 6 V 84 Ah. Diesen zusätzlichen Platz wollte man im Wartburg 353 nicht schaffen und benötigte ihn, von der elektrischen Leistung her gesehen, auch nicht. Also mußte eine neue Batterie entwickelt werden - das Sortiment wurde um die Type 12 V 42 Ah erweitert, entwickelt und gebaut im VEB Grubenlampenwerke Zwickau GLZ.
Auch hier galten ähnliche Parameter, wie schon bei der 6 V-Ausführung. Lichtmaschinenspannung: 13,6-13,9 V, Gasungseintrittsspannung: 14-14,4 V.
Batterieausführungen
Ab 1974 lieferte die „Grubenlampe“ in Zwickau eine überarbeitete 12 V 42 Ah-Batterie. Das Batteriegehäuse wurde um 10-15 mm in der Länge und 5 mm in der Breite verschlankt, das Batteriegewicht um 2 kg verringert. Zellendeckel und Zellenverbinder verschwanden in ein Meer von Vergußmasse, nur noch die beiden Anschlußpole und die Verschlußschrauben schauten heraus. Das kam einer verringerten Selbstentladung entgegen (Kriechströme), die nun kürzeren Polbolzen verringerten geringfügig den Innenwiderstand der Batterie und es mag vielleicht chic ausgesehen haben, aber für den Service bei Garantieleistungs- und sonstigen Reparaturen war es eine Manscherei.
Der Einsatz dieser neuen Batterie im Wartburg 353 erfolgte im November 1974. Verbesserungen gab es auch beim Wasserverbrauch. Durch Verringerung des Antimongehalts im Bleigitter der Elektroden konnte der Wasserverbrauch reduziert werden und die Batterie erhielt die Spezifikation Wartungsarm (Gasungsspannung 14,4 V).
1979 kam dann, dem internationalem Trend folgend, die 12 V 42 Ah-Batterie im transparentem Polypropylengehäuse (PP) heraus. Ihr teilweiser Einsatz im Wartburg 353W erfolgte ab Januar 1980. Durch eine weitere Reduzierung des Antimongehalts der Bleigitter konnte die Gasungsspannung weiter angehoben werden (14,8 V), was zu einem geringeren Wasserverbrauch führte und die Batterie die Spezifikation Wartungsfrei erhielt.
Im Gegensatz zur 6 V-Batterie ist die 12 V-Batterie des Wartburg noch im aktuellen Fahrzeugbestand der Kleinwagenklasse in Gebrauch und dadurch zu normalen Preisen erhältlich. Für den Wartburg 353 und 353 W mit Zweitaktmotor genügt die Standardausführung 12 V 44 Ah oder auch 12 V 36 Ah. Im Wartburg 1.3 mit Viertaktmotor kann man sich durchaus eine 44 Ah-Hochstrombatterie mit 440 A oder die 50 Ah-Type in der gleichen Garnitur mit 400 A sinnvoll leisten. Auch der Einsatz einer AGM- bzw. VRLA-Batterie ist möglich, macht aber wenig Sinn.
Spätestens seit 2010 ist die 1996 erstmals in Neufahrzeugen eingesetzte Blei-Calcium-Batterie im Starterbatterie-Sektor flächendeckend im Einsatz. Sie hat die frühere Blei-Antimon-Batterie abgelöst. Großer Vorteil ist die geringe Selbstentladung mit Standzeiten bis zu 15 Monaten (Blei-Antimon-Batterie: 3-4 Monate). Nachteilig sind die erforderliche höhere Ladespannung von 15,4 V und die bei einer tieferen Entladung auftretende Säureschichtung. Insbesondere die bei Oldtimern auf Blei-Antimon-Batterien eingestellten Lichtmaschinenregler sorgen oftmals für eine nicht ausreichende Nachladung der Batterie. Als Folge setzt Sulfatierung ein und die Batterie fällt nach 2-4 Jahren bereits aus. Speziell die Drehstromlichtmaschinen mit ihren fest eingestellten Reglern, wie beim Wartburg (13,6 – 14 V), können eine Blei-Calcium-Batterie (mind. 14,8 V) nur sehr schwer nachladen. Mechanische Regler (Wartburg 311) lassen sich hier nachstellen (7,4 V).
In der Grubenlampe in Zwickau gefertigte 12 V-Batterieausführungen für Wartburg 353 bis 1.3 (Bild oben). Obere Reihe (von links nach rechts):
1. Erste 12 V 42 Ah Batterie für Wartburg 1966.
2. 1974 überarbeitete Batterie.
3. Bis 1990 gebaute 12 V 38 Ah Batterie im gleichen Kasten wie Nr. 2 (Trabant, Wartburg).
Untere Reihe (von links nach rechts):
1.1979 herausgebrachte 12 V 42 Ah Batterie im Polypropylengehäuse, als unmittelbare Nachfolgerin der 12 V 42 Ah im Hartgummigehäuse.
2. Leistungsreduzierte, nun 12 V 38 Ah Batterie von 1981 in anderer Farbgebung.
3. Mangelwirtschaft und Farbeeinsparung 12 V 38 Ah von 1985-89.
4. Batterie für Wartburg 1.3 in 44 Ah 1990 (schlicht und ohne Typenbezeichnung).
5. In der nur kurzen Zusammenarbeit mit Varta gefertigte 12 V 44 Ah Batterie, nun im westlichem Standard mit Leistung und Aufklebern, aber auch dem DDR-typischem Schildchen.
Die erste DDR-Batterie im Polypropylengehäuse
Diese Batterie war eine grundlegende Verbesserung gegenüber der vorigen Ausführung im Hartgummigehäuse. Das auch heute noch verwendete PP-Gehäuse dichtet die Batteriesäure vollständig nach außen ab. Die beiden Komponenten, Batteriegehäuse und Batteriedeckel, werden im Spiegelschweißverfahren komplett miteinander verbunden.
Bei der mit einer teerartigen Vergußmasse verschlossenen früheren Batterie im Hartgummigehäuse kam es zu Rissen in dieser Vergußmasse und als Folge zum Austritt von Säure, was zu Kriechströme und Korrosion an der Befestigungsschiene und weiterer Karosserieteile (Batteriefach) mit anschließender Salzbildung führte.
Ein weiterer Nachteil war der nicht immer sauber abdichtende Durchgang der Polbolzen durch die Zellendeckel. An den Zellenverbindern führte das zu Kriechströmen und am Anschlußpol zur Verkrustung (Oxyd) mit elektrischem Totalausfall. Auf Grund der Elektrizität war nur der Pluspol betroffen, der wie ein Docht die Säure aus der Batterie nach oben beförderte und die gesamte Poloberfläche samt Batterieklemme überzog. Die einsetzende Oxydation bildete eine harte, nichtleitende Schicht (Kruste), die jeglichen Stromfluß unmöglich machte. Als Abhilfe wurden Poloberfläche und Innenfläche der Batterieklemme wieder metallisch blank gemacht und mit Polfett eingefettet. Der Erfolg der Prozedur hielt aber nicht lange an, denn die Säure mit ihrer Oxydbildung unterwanderte das Polfett und das Kontaktproblem war schnell wieder da.
Ein weniger störender Nachteil war das klobige und schwere Hartgummigehäuse. PP-Batterien sind schon deswegen leichter. Entwickelt und gebaut wurde diese neue Batterie wieder in der „Grubenlampe“, wie man die einst der Firma Friemann & Wolf (FRIWO) bis 1945 in Zwickau gehörende Fabrik liebevoll nannte. In der DDR firmierte man zuerst unter GLZ (VEB Grubenlampenwerke Zwickau) und 1984 unter GAZ (VEB Grubenlampen- und Akkumulatorenwerke Zwickau) im 1968 gegründetem KGZ (Kombinat VEB Galvanische Elemente Zwickau). Der Betrieb war der renommierte Batteriehersteller in der DDR.
Die moderne PP-Batterie war nicht nur für den eigenen Markt bestimmt, sondern diente, wie viele andere hochwertige DDR-Produkte auch, als Devisenbeschaffer aus dem Wirtschaftssystem des Westens (NSW). Bekannt wurde auch die Produktion der nachfolgend größeren Type 12 V 55 Ah, die überhaupt nicht auf dem DDR-Markt erschien und z. B. an Volvo nach Schweden entschwand.
Die Einführung der neuen PP-Batterie gestaltete sich 1979 nicht ohne Probleme. Um dem westdeutschem Standard (DIN) gerecht zu werden, mußte die Batteriehöhe von 215 mm im Hartgummigehäuse auf 190 mm im Polypropylengehäuse abgesenkt werden. Bei gleicher Leistung und dementsprechend gleicher Elektrodengröße bedeutete das eine Verringerung des Säure-Raumes über den Elektroden und gleichzeitig in Säure schwimmender Zellenverbinder.
Und hier gab es Probleme: Die durch die Zellenwände hindurch punktgeschweißten Verbindungen führten zu Ausfällen. Folglich mußte der Säurespiegel abgesenkt werden, was nur durch eine Verringerung der Elektrodenhöhe um 10 mm möglich war. Unangenehme Folge: Die Kapazität der Batterie sank von 42 Ah auf 38 Ah, denn die Kapazität ist von der Größe der Elektrode abhängig.
Ein anderer Weg wäre gewesen, statt der üblichen drei Elektrodenpaare (3x14 Ah = 42 Ah) vier dünnere und niedrigere Elektrodenpaare (4x12 Ah) einzubauen, was eine Kapazitätssteigerung auf über 44 Ah zur Folge hätte. Möglich, daß man diese Technologie in Zwickau 1980 schon beherrschte, aber nicht in einer Massenproduktion (DDR & NSW) umsetzen konnte. Bereits 1983 weist aber ein international vertriebener Prospekt der „HEIM-ELECTRIC - Export-Import – Volkseigener Außenhandelsbetrieb der DDR“ die Batterietypen 36 Ah – 38 Ah – 42 Ah – 44 Ah aus. Offensichtlich gelang jetzt die Produktion und der Einbau eines 4. Elektrodenpaares. 1988 schließlich wurde der neue Wartburg 1.3 mit der neuen 12 V 44 Ah-Batterie ausgerüstet.
Parallel lief in Zwickau noch die alte Batterie im 42 Ah-Hartgummigehäuse vom Band, allerdings jetzt ebenfalls mit 38 Ah. Sie wurde vorrangig im Trabant in der Erstausrüstung eingesetzt und auch im Wartburg, wenn der Westen wieder einmal größere Stückzahlen an PP-Batterien orderte. Der DDR-Bürger mußte sich freilich mit der normalen 38 Ah-Batterie (zumeist in PP) zufrieden geben, die nun immer in gequälten Stückzahlen lieferbar war. Prospekt[1] Batterie Heute